27. Januar 2025
Wifö-Kolumne: Innovation statt Bürokratie
Zwei Spiegel-Artikel mit zwei Perspektiven haben mich diese Woche aufhorchen lassen. Sie beschreiben ein gemeinsames Problem: Der deutsche Wohlstand bröckelt, und die Weichenstellungen, die unsere Zukunft bestimmen, scheinen irgendwo zwischen verpassten Chancen und regulativen Bremsen zu verschwinden. Die sinkende Produktivität und der Vorsprung der USA im KI-Rennen sind zwei Seiten derselben Medaille – einer Medaille, auf der Europa „Zögern“ eingraviert hat.
Deutschland: Fleißig, aber ineffizient
Der Artikel "Warum die Deutschen mehr arbeiten, aber weniger schaffen" von Markus Dettmer zeichnet ein Bild, das man kaum ermutigend nennen kann: Die Deutschen arbeiten mehr denn je, doch dabei schaffen wir weniger. Unsere Produktivität sinkt, während der öffentliche Dienst expandiert und der Mittelstand – das Rückgrat unserer Wirtschaft – unter Bürokratie und Fachkräftemangel leidet. Dies führt zum Verlust von wichtigen Produktionsbetrieben. Die Industrie leidet. In einer alternden Gesellschaft und mit dem demografischen Wandel im Nacken sollten wir die Produktivität steigern, nicht stagnieren lassen. Aber genau das passiert, weil wir es versäumen, Innovationen voranzutreiben und Unternehmen die Luft zum Atmen zu geben.
Der Mittelstand wird erdrückt und wir verlieren Jahr für Jahr Industrieunternehmen: Durch endlose Dokumentationspflichten, lähmende Vorschriften und ein Steuersystem, das selbst gestandene Unternehmer verzweifeln lässt. Mein Gefühl ist, dass neue Ideen nicht am Markt scheitern, sondern daran, dass sie schon im Keim von Anträgen, Formularen und Genehmigungsverfahren erstickt werden. Wer kann da mithalten, wenn sich die USA mit Programmen wie „Stargate“ einen Innovationsvorsprung von Jahrzehnten sichern?
Stargate: Die KI-Offensive der USA
Vorgestern hat Sascha Lobo in seiner Kolumne beschrieben, wie die USA mit einem Investment von 500 Milliarden Dollar und einer massiven Deregulierung der KI-Branche die technologische Zukunft erobern wollen. Während wir in Europa noch über Datenschutz und ethische Fragen diskutieren – zweifellos wichtig, aber zu oft als Blockade missbraucht –, baut Amerika mit Leichtigkeit neue Infrastruktur und sichert sich eine digitale Vormachtstellung. KI wird zur neuen Elektrizität, wie Lobo treffend schreibt, und Deutschland riskiert, im Dunkeln zu stehen.
Das Problem ist klar: Während die USA sich mit ungebremster Innovationskraft nach vorn katapultieren, behindern wir uns selbst. Unser Ansatz, Innovationen durch Regulierung zu steuern, ist in der Praxis zu einer Innovationsblockade geworden. Das mag gut gemeint sein, aber es lässt uns zurückfallen.
Der Weg nach vorn: Deregulierung und Bürokratieabbau
Wir stehen kurz vor neuen Wahlen und die angesprochenen Probleme können und müssen auf Bundesebene gelöst werden. Aus meiner Sicht liegt die Lösung nicht in blindem Nachahmen der USA, sondern in einem gezielten Befreiungsschlag für unsere Wirtschaft.
Das bedeutet:
Bürokratie abbauen: Der Mittelstand darf nicht länger unter einem unübersichtlichen Vorschriftendschungel leiden. Es braucht eine umfassende Reform, die unnötige Genehmigungsverfahren streicht, steuerliche Regelungen vereinfacht und Dokumentationspflichten reduziert. Wer ein Unternehmen gründen will, sollte das in wenigen Tagen und ohne Stapel von Formularen tun können.
Deregulierung bei Zukunftstechnologien: Wir müssen Raum für Innovation schaffen, besonders in der Künstlichen Intelligenz. Das heißt nicht, ethische Standards über Bord zu werfen, aber sie pragmatisch und innovationsfreundlich zu gestalten. Forschung und Entwicklung brauchen weniger Auflagen und mehr Freiheiten.
Gezielte Förderung: Statt blind Subventionen zu verteilen, sollten wir gezielt Zukunftsbranchen fördern, in denen Deutschland weiterhin stark ist: Ingenieurwesen, grüne Technologien, Medizintechnik. Der Mittelstand ist hier oft führend – wenn man ihn lässt. Und auch beim Thema Förderung gilt: Bürokratieabbau. Was nützen Fördermittel, wenn allein das Antragsverfahren sich über Monate hinzieht. Da gibt es einige Beispiele aus meinem Arbeitsalltag.
Arbeitsmarkt modernisieren: Flexible Arbeitszeitmodelle, Qualifizierungsoffensiven und eine gezielte Einwanderungspolitik könnten die Fachkräftekrise lindern und dafür sorgen, dass Produktivität wieder steigt. Die 40-Stunden-Woche von gestern wird das Wohlstandsniveau von morgen nicht sichern können.
Mein Fazit: Wir haben noch eine Chance
Die deutsche Wirtschaft ist kein Auslaufmodell, aber sie droht, eines zu werden, wenn wir nicht entschlossen handeln. Bürokratieabbau und Deregulierung sind keine neoliberale Agenda, sondern eine Überlebensfrage für unseren Mittelstand und unsere Innovationskraft. Auch ich werde es nicht leid, diese Forderung wie ein Mantra ständig zu wiederholen. Irgendwann findet es hoffentlich Gehör. Während die USA mit „Stargate“ eine neue Ära einläuten, dürfen wir nicht in Starre verfallen. Es ist Zeit, den Mut aufzubringen, den Handlungsspielraum der Wirtschaft zu erweitern und dem deutschen Mittelstand zu vertrauen. Nur so können wir den Wohlstand sichern – und die Zukunft aktiv gestalten, statt ihr hinterherzulaufen. Hoffen wir, dass eine neue Bundesregierung, dies entschieden angeht.