Vor 200 Jahren starb ein Bürgermeister, der sich in besonderer Weise um Werne verdient gemacht hat: Als in der Stadt die Hungersnot herrschte, bewahrte Franz Anton Ehringhausen viele Menschen vor dem Tod.
Nahe des Museums erinnert ein Denkmal aus Baumberger Sandstein an ihn und seine Barmherzigkeit. Es war einst als Grabmonument auf dem Werner Friedhof aufgestellt worden. Als es 1963 zu verfallen drohte, setzte sich der Studienrat Werner Winkler aus Werne für den Erhalt ein. Auf dieser Seite veröffentlichen wir, was er bei seinen Recherchen damals über das Leben Franz Anton Ehringhausens herausgefunden hat.
Franz Anton Ehringhausen wurde als sechstes von sieben Kindern auf dem Hof Ehringhausen in der Bauerschaft Ehringhausen im Kirchspiel Werne, am 17. August 1759 geboren und am 22. des gleichen Monats in der Kirche St.-Christophorus getauft. Seine Eltern waren Gerhard Ehringhausen, Colon zu Ehringhausen und Anna Elisabeth geb. Schulte Alten-Cappenberg, aus Cappenberg-Bork. Aus Franz Antons Ahnentafel geht hervor, dass er väterlicher- und mütterlicherseits aus rein bäuerlichen Geschlechtern stammte.
Franz Anton Ehringhausen wurde als dritter Sohn geboren und kam deshalb kaum für die Nachfolge des Hofes infrage. Überliefert ist, dass er als Kaufmann- und Handelsmann einen Holzhandel in Werne betrieb. Am 27. September 1785 heiratete er in Werne Catharina Thöle, die Tochter des Bürgermeisters Matthias Thöle. Dadurch wurde er Besitzer des Zentralhofes, der durch drei Generationen von der Familie Ehringhausen bewirtschaftet wurde.
Mit 25 erwarb Ehringhausen das Bürgerrecht der Stadt Werne, von 1816 bis 1820 war er schließlich Bürgermeister. Am 19. September 1820 starb Franz Anton Ehringhausen im Alter von 61 Jahren.
Die Zeit, in der Franz Anton Ehringhausen Beamter und später Bürgermeister von Werne war, ist in die Stadtgeschichte eingegangen. Werne gehörte während der französischen Fremdherrschaft zum Großherzogtum Berg und war eine Munizipalität nach französischem Vorbild. Maire, also Bürgermeister von Werne, war von 1810 bis 1816 Johann David von Schlehbrücke, Haus Beckedorf. Ihn löste dann Ehringhausen ab.
Nachdem Napoleon 1813 bei Leipzig geschlagen war, kam die eigentliche Not erst vollends über das Volk. 1814 zogen Teile des zurückflutenden Heeres dem Rheine zu. Am 6. Februar lagen 76 Kosaken in Werne, die 100 Scheffel Hafer für ihre Pferde verbrauchten. Am 13. und 14. Februar kam es zu Tätlichkeiten zwischen einer Abteilung eines russischen Artillerie-Corps und Werner Bürgern. Zwar stellte der Landwehrmajor vom Romberg die Ruhe wieder her, aber die Russen nahmen doch acht Pferde und 19 Wagen als Kriegsbeute mit, die mit 2077 Talern veranschlagt wurden. Sogar die Lützowschen benahmen sich nach zeitgenössischen Schilderungen wie die Kosaken. Jedenfalls galt ihnen Westfalen nicht als befreites, sondern ehemals mit Frankreich sympathisierendes Land, das man entsprechend zu behandeln müssen glaubte.
Die Krise und die damit verbundene Hungersnot steigerte sich bis 1817 auf das Unerträglichste. Die vielen Truppendurchzüge machten eine geordnete Feldbestellung unmöglich. Dazu kam für das Jahr 1816 eine sehr schlechte Ernte, da es den ganzen Sommer geregnet hatte.
In dieser schweren Zeit wurde Bürgermeister Ehringhausen der Retter in der Not. Als 1817 die Teuerung auf den Höhepunkt stieg – es kostete um Ostern der Roggen 30 und der Weizen 36 Taler pro Zentner – ließ er österreichisches Getreide einführen, schaffte aus seinen privaten und öffentlichen Mitteln Korn herbei und gab es unentgeltlich oder gegen geringe Bezahlung an die Bevölkerung ab.
Laut Werner Winklers Schilderungen fiel Ehringhausens Grabmal auf dem Werner Friedhof als künstlerisch wertvoll auf. 1821 wurde es vom Dortmunder Bildhauer W. Kalle aus Dortmund geschaffen. Bei der späteren Restaurierung konnten die meisten Inschriften wiederhergestellt werden. Der Gedenkstein erhielt seinen Platz am Museum und wurde am 18. März 1999 in die Liste der Baudenkmäler der Stadt Werne eingetragen.
Die Vorderseite war einst gekennzeichnet durch eine Kartusche mit einer kalligraphischen Schreibschrift und folgendem Text: „Dem treuen Bürger Verdienst – schaffenden Gewerbsmann – dem bis zur Aufopferung rastlosen Beamten in den verhängnisvollen Jahren 1814 – 1815 und nachherigem Bürgermeister bis zum Jahre 1820 Anton Ehringhausen, geboren auf dem Gute Ehringhausen zu Ehringhausen.“
Dort ist heute eine mit einem Lendenschurz bekleidete Jünglingsgestalt zu sehen. Mit der linken Hand hält sie die Fackel gesenkt, um anzudeuten, dass das Lebenslicht erloschen ist. So geleitet er nach Auffassung der alt-griechischen Mythologie den Toten in das Schattenreich. Christlich aber bedeutet das Zeigen mit der Rechten nach oben die Verheißung des Himmels. Auch das Wappen der Familie Ehringhausen ziert die Vorderseite, darunter ist eine Tafel angebracht, die Ehringhausens Bedeutung für Werne erläutert.
Der schwere kubische Würfel ist noch die Erinnerung an den Sarkophag, aus der Blütezeit der römisch-sepulkralen Kunst. Dieser Würfel wird im Klassizismus zum Postament, das als Abschluss eine Säule, einen Helm, oder wie hier eine Vase oder griechische Amphora trägt. Die Amphora war im antiken Griechenland Behältnis für Wasser, Wein und Öl, diente aber auch als Aschengefäß. Die griechische Amphora ist hier in ein bürgerlich-biedermeierliches, urnenartiges Gefäß übersetzt. Trotzdem ist sie nicht als Bestattungsurne aufzufassen, denn das Neuheidentum hat erst 1878 die Feuerbestattung offiziell eingeleitet. Die Efeuranke, die sich um das Gefäß schlingt, deutet das Totenreich an.
Auf der linken Seite des Kubus steht auf einer Säule eine griechische Öllampe. Darüber greifen zwei Hände, eine Männer- und eine Frauenhand aus den Wolken heraus und erneuern im Jenseits den Bund der Ehe. Die dazugehörigen Worte verdeutlichen das noch weiter: „Jenseits schwindet jede Trauer. Treue wird sich wiedersehn, wenn wir nach des Todes Schauer ebenfalls hinübergehn.“
Auf der rechten Seite befand sich früher als Relief eine Eiche mit kräftigem Wurzelwerk, seitlich davon waren das Wappen der Familie Ehringhausen und das der Stadt Werne angebracht. 1963 waren diese Teile erheblich beschädigt und nicht mehr erkennbar. Heute sieht der Betrachter dort das zwischenzeitlich neu gestaltete Stadtwappen mit St. Christophorus. Das Wappen der Familie Ehringhausen wurde auf die Vorderseite verlegt.
Auf der Rückseite des Denkmales ist zu lesen:
„Im stillen Schattenland wohin du schon wallest, wo jeder Schmerz und Klageton verhallet, wo keine Kette mehr die Seele treibt, die Scenen dieser Welt wie Kinderträume schwinden und nichts aus ihr als unser Herz uns bleibt, da werden wir uns einst in Wonne wiederfinden.“
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